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Klassische Theoretiker des Gesellschaftsvertrages
Hobbes - Locke - Rousseau
 
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Inhalt:
Die Beendigung des Naturzustandes durch einen Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag bei Thomas Hobbes
Der Gesellschaftsvertrag bei John Locke
Der Gesellschaftsvertrag bei Jean Jacques Rousseau
Demokratische Kritik an der Theorie des Gesellschaftsvertrages: Thomas Paine u. 
a.
Konservative 
Kritik an der Vertragstheorie des Staates: Friedrich Stahl
Textanfang
Die Beendigung des Naturzustandes durch einen Gesellschaftsvertrag
Die Theorie des Gesellschaftsvertrages versucht eine Antwort auf die Frage zu 
geben, unter welchen Bedingungen und aus welchen Gründen die Individuen zum 
Gehorsam gegenüber den politischen Institutionen verpflichtet 
sind. Im Lauf der Jahrhunderte hat es innerhalb der 
Vertragstheorie eine Entwicklung gegeben, die von der Rechtfertigung der absoluten Monarchie  
bei Hobbes 
(1588 - 1679) über den Verfassungsstaat bei 
Locke (1632 - 1704)
bis hin zur egalitären, direkten Demokratie bei 
Rousseau
(1712 - 78)
gingen.
Ausgangspunkt der Vertragstheoretiker ist der so genannte "Naturzustand", in 
dem keinerlei politische Autorität existiert, die allgemein geltende Normen 
setzen und für deren Einhaltung sorgen könnte. Zusätzlich werden bestimmte Annahmen über die 
menschliche Natur gemacht, insbesondere über die 
Ziele des 
Menschen und über seine Fähigkeit zu zielgerichtetem Handeln. 
Die Annahmen 
über die Natur des Menschen
fallen bei den einzelnen Theoretikern zwar unterschiedlich aus, 
doch ist allen gemeinsam, dass es 
keine natürliche Harmonie zwischen den Individuen gibt, sondern dass es im 
Naturzustand zu Konflikten kommt, die gewaltsam ausgetragen werden.
Dadurch wird der Naturzustand für alle Beteiligten 
unerträglich und es liegt im Interesse jedes Einzelnen, den Naturzustand zu 
beenden und durch vertragliche Übereinkunft eine bestimmte politische Ordnung 
zu errichten, die für alle verbindlich ist.
Vor dem Hintergrund der Probleme, die der Zustand natürlicher Freiheit mit sich 
bringt, erscheint die Errichtung einer politischen Autorität, der sich die 
ursprünglich freien Individuen unterordnen, als eine vernünftige Entscheidung. 
Allerdings lässt sich je nach den angenommenen Zielen, die die Individuen mit 
der Staatsgründung verfolgen, nicht jede Form politischer Herrschaft als mögliches 
Resultat eines Vertrages zwischen freien und zielgerichtet handelnden Individuen 
rechtfertigen. 
 
Der Gesellschaftsvertrag bei Thomas Hobbes
Hobbes, 
dessen "Leviathan" 1651 veröffentlicht wurde, geht von einem in jedem Menschen angelegten 
Streben nach immer mehr Macht und Reichtum aus. 
Daraus folgert er einen Naturzustand, der als "Krieg aller gegen alle" 
charakterisiert werden kann. 
Der oberste Grundsatz des natürlichen Rechts lautet für 
Hobbes deshalb: "Jedermann hat sich um Frieden zu 
bemühen, solange dazu Hoffnung besteht. Kann er ihn nicht herstellen, so darf er 
sich alle Hilfsmittel und Vorteile des Krieges verschaffen und sie benützen." (Hobbes 1968, S. 190.)
Um Frieden zu erreichen, müssen sich die Individuen 
durch Vertrag einer 
Macht unterwerfen, der sie alle Rechte abtreten. Dieser Vertrag jedes 
Individuums mit jedem anderen lautet: "Ich übergebe mein Recht, mich selbst zu 
beherrschen, diesem Menschen oder dieser Gesellschaft unter der Bedingung, dass 
du ebenfalls dein Recht über dich ihm oder ihr abtretest. Auf diese Weise werden 
alle Einzelnen eine Person und heißen Staat oder Gemeinwesen"   (zitiert nach: Bergsträsser, A. / Oberndörfer, D. (Hg.): Klassiker 
des Staatsrechts, Stuttgart: Koehler 1962, S. 
173).
Gegen diese höchste Gewalt, den Staat, gibt es nach Hobbes keine Rechte der 
Staatsbürger, denn die höchste Gewalt ist selber nicht vertragsschließende 
Partei und hat deshalb auch keine vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten. Es "schließt ja derjenige, welchem die höchste Gewalt übertragen wird, 
mit denen, die sie ihm übertrugen, eigentlich keinen Vertrag, und folglich kann 
er kein Unrecht tun, weswegen ihm die höchste Gewalt genommen werden dürfte".   
(Klassiker S. 170.) Es gibt deshalb bei Hobbes gegen die einmal errichtete höchste 
Gewalt kein Widerstandsrecht.
Der Gesellschaftsvertrag bei John Locke
Locke geht von einem Glücksstreben der Menschen aus: "Die Natur hat den Menschen den Wunsch nach Glück und den 
Widerwillen gegen das Elend mitgegeben. Es sind dies angeborene, grundsätzliche 
Einstellungen zum Leben, die unser Leben, die unsere Handlungen immer wieder und 
unaufhörlich beeinflussen."   (Locke, Essays, Band 1, S. 67. Genaue Fundstelle 
leider verloren gegangen.) 
Locke spricht den Individuen bereits im Naturzustand die Fähigkeit zu 
moralischem Verhalten zu. 
"Um die politische Autorität ('power') richtig zu verstehen und 
sie aus ihrem Ursprung abzuleiten, müssen wir berücksichtigen, in welchem 
Zustand sich alle Menschen von Natur aus befinden, und das ist ein Zustand 
völliger Freiheit, ihre Handlungen zu steuern und über ihre Besitztümer und 
Personen zu verfügen, wie sie es für richtig halten, innerhalb der Grenzen des 
Naturrechts ('law of nature') ..."   (P. Laslett ed.: John Locke, Two Treatises 
of Government, Mentor Book 1965, S. 309.)
Jedoch ist für Locke nicht ausgeschlossen, dass einige 
Individuen aus Eigeninteresse die moralischen Normen verletzen und dass dann die 
Geschädigten als Richter in eigener Sache bei der Verfolgung der Täter über das 
Ziel hinausschießen. 
"Die Unzuträglichkeiten, denen sie (im 
Naturzustand) ausgesetzt sind durch die unregelmäßige und unbestimmte Ausübung 
der Macht, die jeder Mensch hat, die Übertretung anderer zu bestrafen, 
veranlassen sie, zu den festen Gesetzen der Regierung ihre Zuflucht zu nehmen, 
um dort Schutz und Erhaltung ihres Eigentums (also Leben, Freiheit und Besitz) 
zu suchen."  
Auch für Locke liegt es deshalb im Interesse aller Beteiligten, den Naturzustand 
zu überwinden und in eine "civil society", eine "zivilisierte Gesellschaft"   
einzutreten. Dies ist nur möglich durch einen Gesellschaftsvertrag.
Denn wenn die Menschen von Natur aus frei und gleich sind, so kann es nur dadurch zu einer rechtmäßigen politischen Autorität 
über diese Menschen kommen, dass sie selber der Errichtung dieser Autorität 
zustimmen: "Insofern die Menschen ... von Natur aus alle frei, gleich und 
unabhängig sind, kann niemand aus diesem Zustand entfernt und der politischen 
Autorität ('power') eines andern unterworfen werden ohne seine eigene 
Zustimmung, was dadurch geschieht, dass er mit andern Menschen übereinkommt, 
sich in einer Gemeinschaft zusammenzuschließen und zu vereinigen."   (Two Treatises, 
S. 374.)
Allerdings ist für Locke im Unterschied zu Hobbes nicht jede 
politische Autorität legitim, sofern sie nur wirksam gewaltsame Konflikte 
zwischen den Gesellschaftsmitgliedern verhindern kann. Für Locke ist ein 
Individuum nur dann zum Gehorsam gegenüber der politischen Autorität 
verpflichtet, wenn diese für den Schutz seines Lebens, seiner Gesundheit, seiner 
Freiheit und seines Eigentums sorgt, denn das Individuum ist den Gesellschaftsvertrag 
ja eingegangen,
um diese natürlichen Rechte zu schützen.
Für Locke ist deshalb im Gegensatz zu Hobbes eine 
absolute Monarchie mit unbeschränkter Gewalt des Monarchen unvereinbar mit einer 
staatsbürgerlichen Gesellschaft: "Denn es ist das Ziel der staatsbürgerlichen 
Gesellschaft, die Missstände des Naturzustandes zu vermeiden, die sich notwendig 
daraus ergeben, dass jedermann Richter in eigener Sache ist, indem eine 
anerkannte Autorität errichtet wird, an die sich jeder richten kann, wenn ihm 
ein Schaden zugefügt wurde oder wenn ein Streit entsteht, und der jedes Mitglied 
der Gesellschaft gehorchen sollte. Wo immer es jedoch irgendwelche Personen 
gibt, für die keine derartige Autorität existiert, an die sie sich wenden 
können, um irgendwelche Differenzen zwischen sich zu entscheiden, dort sind 
diese Personen noch im Naturzustand. Und dies gilt für jeden absoluten Fürst in 
Bezug auf jene, die seiner Herrschaft unterliegen." (Two Treatises, 
S. 370.)
Auch der Fürst darf deshalb nicht absolut herrschen, sondern ist an eine 
Verfassung gebunden.
Die Idee einer Verfassung, an die auch die staatlichen Institutionen 
gebunden sind, fand später Eingang in die 
Proklamationen der amerikanischen und der französischen Revolution. 
Nach Hobbes verfolgen die Individuen bei der Errichtung der politischen 
Körperschaft allein die Herstellung des Friedens zwischen deren Mitgliedern. Ansonsten 
sind die 
Inhalte der Herrschaft nicht weiter bestimmt. Dagegen verfolgen die Individuen 
nach Locke mit der Errichtung einer politischen Körperschaft das Ziel einer besseren Sicherung 
ihrer naturrechtlich gegebenen Rechte  
auf Leben, Freiheit und Eigentum. Folglich ist auch die gesetzgebende Gewalt an 
die Beachtung dieser Rechte gebunden: "Obwohl die Legislative die 
höchste Gewalt in jedem Staat ist, so ist sie doch erstens nicht eine absolute, 
willkürliche Gewalt über Leben und Vermögen des Volkes, noch kann sie es sein. 
... Ihre Gewalt, in ihren äußersten Grenzen, ist beschränkt auf das öffentliche 
Wohl der Gesellschaft ... Die Verpflichtungen des Naturrechts hören nicht in der 
Gesellschaft auf, sondern werden in vielen Fällen nur enger gezogen und haben 
durch menschliche Gesetze anerkannte Strafen hinzugefügt, um ihre Erfüllung zu 
erzwingen."   (Klassiker S. 195)
Locke hält deshalb eine absolute Monarchie mit dem staatsbürgerlichen Zustand 
für unvereinbar und er bestätigt deshalb ein Recht auf Widerstand: "Jeder, der 
in seiner Autorität über die ihm gesetzlich eingeräumte Macht hinausgeht ... 
hört in dieser Beziehung auf, Obrigkeit zu sein; und da er ohne Autorität 
handelt, darf ihm Widerstand geleistet werden."   (Klassiker S. 209) 
Trotzdem kann auch Locke noch nicht eigentlich als ein demokratischer 
Theoretiker angesehen werden. Zwar vertritt er das Prinzip der 
verfassungsgebenden Gewalt des Volkes und er verpflichtet den Gesetzgeber auf 
die Beachtung des allgemeinen Wohls, aber eine Mitwirkung der Bürger an der 
Gesetzgebung ist für ihn nicht notwendig. Wenn die Mitglieder der Gesellschaft 
einmal als 
gesetzgebende Gewalt eine Versammlung eingesetzt haben, so besitzen sie kein 
Recht mehr, daran etwas zu ändern: "Wenn die Gesellschaft die Gesetzgebung 
irgendeiner Versammlung von Männern zugesprochen hat, damit sie bei diesen und 
ihren Nachfolger verbleibe, dann kann die Gesetzgebung niemals zum Volk 
zurückkehren, solange diese Regierung besteht, denn dadurch, dass es die 
gesetzgebenden Gewalt mit der Macht ausgestattet hat, für immer zu dauern, hat 
es seine politische Macht an die Legislative abgegeben und kann sie nicht wieder 
erlangen."   (Two Treatises, S. 477.) 
Im Prinzip kann also nach Locke auch eine erbliche Monarchie als gesetzgebende 
Gewalt Gehorsam verlangen, sofern sie nur Leben, Freiheit und Eigentum der Bürger 
schützt.
Der Gesellschaftsvertrag bei Jean Jacques Roussseau
Der entscheidende Durchbruch zur Mitwirkung der Bürger an der Gesetzgebung 
geschieht - zumindest auf dem Boden der Vertragstheorie des Staates - bei 
Rousseau. 
Die Rechtfertigung des Anspruchs auf Befolgung der Gesetze des Staates beruht 
auch für ihn auf einer vertraglichen 
Übereinkunft: "Da kein Mensch eine natürliche Gewalt über seinesgleichen hat, und da die 
Stärke kein Recht gewährt, so bleiben folglich die Verträge als die einzige 
Grundlage jeder rechtmäßigen Gewalt unter den Menschen übrig."   (Gesellschaftsvertrag S. 35) 
Die ursprünglich freien und gleichen 
Individuen schließen sich in einem Gesellschaftsvertrag zu einer politischen Einheit zusammen. 
Dieser Vertrag lässt sich in die Worte fassen: "Jeder von uns stellt 
gemeinschaftlich seine Person und seine ganze Kraft unter die oberste Leitung 
des allgemeinen Willens ("volonté générale"), und wir nehmen jedes Mitglied als untrennbaren Teil des 
Ganzen auf."   (Gesellschaftsvertrag S. 44)
Daraus entsteht das Gemeinwesen, der Staat: "An die Stelle der einzelnen Person jedes Vertragsschließenden setzt solcher 
Gesellschaftsvertrag sofort einen geistigen Gesamtkörper, dessen Mitglieder aus 
sämtlichen Stimmabgebenden bestehen und der durch eben diesen Akt seine Einheit, 
sein gemeinsames Ich, sein Leben und seinen Willen erhält."   
(Gesellschaftsvertrag S. 44) 
Im Unterschied zu Hobbes wird der Friede zwischen den Individuen also nicht dadurch 
erreicht, dass sich alle einem Dritten unterwerfen sondern dadurch, dass alle 
sich dem Willen der Allgemeinheit, der volonté générale, unterordnen. Die Lenkung des Gemeinwesens durch den "allgemeinen Willen"   ist 
für Rousseau eine notwendige Konsequenz aus dem Zweck, den die Individuen mit 
der Staatsgründung verfolgen, nämlich die Förderung des 
gemeinsamen Interesses, des Gemeinwohls. 
So stellt er fest, "dass allein der allgemeine Wille die Kräfte des Staates dem 
Zwecke seiner Einrichtung gemäß leiten kann, der im Gemeinwohl besteht. ... Erst 
die Übereinstimmung der gleichen Interessen (hat die Errichtung der 
Gesellschaften) ermöglicht. … Gäbe es nicht irgendeinen Punkt, in dem alle 
Interessen übereinstimmen, so könnte keine Gesellschaft bestehen. Einzig und 
allein nach diesem gemeinsamen Interesse muss die Gesellschaft regiert werden". (Gesellschaftsvertrag 
S.54) 
... Nur dadurch aber, dass die Gesamtheit der Bürger das Gemeinwesen leitet, ist 
sichergestellt, dass sich das gemeinsame Interesse auch durchsetzt. Wenn dagegen die 
gesetzgebenden Macht an Teile der Gesellschaft abgetreten wird, so wird sich 
deren besonderer Wille und nicht der allgemeine Wille durchsetzen", denn es kann "jeder einzelne Mensch als Mensch einen besonderen Willen haben, der dem 
allgemeinen Willen, den er als Staatsbürger hat, zuwider läuft."   (Gesellschaftsvertrag 
S.47)
Weiter heißt es: "Ist es auch nicht unmöglich, dass der Wille eines Einzelnen in 
irgendeinem Punkte mit dem allgemeinen Willen übereinstimme, so ist es 
wenigstens unmöglich, dass diese Übereinstimmung von dauerndem Bestand sein 
könnte, denn seiner Natur nach strebt der Wille des Einzelnen nach Vorteilen, 
der allgemeine Wille dagegen nach Gleichheit."   (Gesellschaftsvertrag S. 55) 
Im Unterschied zu Locke besteht Rousseau deshalb darauf, "dass die Staatshoheit, 
die nichts anderes als die Ausübung des Allgemeinen Willens ist, nie veräußert 
werden kann und dass sich das Staatsoberhaupt als ein kollektives Wesen nur 
durch sich selber darstellen lässt.  (Das Staatsoberhaupt) kann nicht sagen: 
'Ich werde auch morgen wollen, was dieser Mensch will', da es sinnlos ist, dass 
sich der Wille schon für die Zukunft fesselt, und es nicht in der Gewalt 
irgendeines Willens steht, in etwas einzustimmen, was dem Wohl des wollenden 
Wesens widerspricht."   (Gesellschaftsvertrag S. 54 ff.) 
Die gesetzgebenden Gewalt muss nach Rousseau also beim ganzen Volke liegen, 
gleichgültig ob die Regierung als die rechtmäßige Ausübung der vollziehenden 
Gewalt nun von einem, von wenigen oder von den meisten Bürgern durchgeführt 
wird. Damit geht  Rousseau über die Position Lockes hinaus und begründet das 
Recht aller Bürger zur Gesetzgebung.
Nach Rousseau ist das Individuum nur dann zum Gehorsam gegenüber den 
durch die politischen Autoritäten gesetzten Normen verpflichtet, wenn diese den "allgemeinen Willen"   (volonté générale) ausdrücken. Dies setzt voraus, dass es 
sich bei der jeweiligen Norm um ein allgemeines Gesetz handelt, das für alle 
in gleicher Weise gilt. Außerdem müssen alle Bürger an der Beschlussfassung über dieses Gesetz mitgewirkt 
haben, denn ein rationales Individuum wird niemals 
freiwillig seine natürliche Freiheit aufgeben, um sich irgendeinem partikularen 
Willen zu unterwerfen.
Für Rousseau ist der Mensch also ein Wesen, das rational seine Interessen 
verfolgt, und das niemals einen nachteiligen Vertrag schließen würde.
So schreibt er zur Sklaverei: "Die Behauptung, ein Mensch verschenke sich 
unentgeltlich, ist eine unbegreifliche Albernheit; eine solche Handlung ist 
schon deswegen ungesetzlich und nichtig, weil derjenige, der sich dazu hergibt, 
nicht bei gesunder Vernunft ist. Wer dies einem ganzen Volk nachsagt, muss es 
für ein Volk von Verrückten halten. Verrücktheit verleiht kein Recht ... Kurz, 
es ist ein nichtiger und mit sich selbst in Widerspruch stehender Vertrag, auf 
der einen Seite eine unumschränkte Macht und auf der andern Seite einen 
schrankenlosen Gehorsam festzusetzen." (Gesellschaftsvertrag S. 36) 
Die  Position Rousseaus fand - zumindest teilweise - Ausdruck in Artikel 6 der  
französischen "Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers"   von 1789: "Das 
Gesetz ist Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Staatsbürger haben das Recht, 
an seiner Bildung persönlich oder durch ihre Stellvertreter mitzuwirken."   
   
Demokratische Kritik an der Theorie des Gesellschaftsvertrages
Gegen diese Theorien eines Gesellschaftsvertrages als Grundlage "politischer 
Verpflichtung"   sind verschiedene Einwände gemacht worden. 
Sofern der Gesellschaftsvertrag als ein Ereignis verstanden wurde, das in der 
Vergangenheit tatsächlich stattgefunden hatte, gab es den Einwand, dass dies 
nicht den Tatsachen entspreche. 
Außerdem könne ein in historischer Vorzeit 
stattgefundener Vertrag nicht die späteren Generationen binden, die an diesem 
Vertragsschluss gar nicht beteiligt waren. 
In diesem Sinne schrieb Thomas Paine in seinem 1791 erschienenen Buch "The 
Rights of Man": "Jedes Zeitalter und jede Generation muss ebenso frei sein, um 
für sich selbst in allen Angelegenheiten zu handeln, wie die Zeitalter und 
Generationen, die ihr vorausgingen
... Der Mensch hat 
kein Eigentum am Menschen, noch hat irgendeine Generation ein Eigentum an den 
Generationen, die folgen werden. ... Wenn ein Mensch aufhört zu existieren, 
verschwinden seine Kräfte und Bedürfnisse mit ihm, und da er nicht länger Anteil 
an den Belangen dieser Welt hat, besitzt er auch keine Autorität mehr, um zu 
bestimmen, wer sie regieren soll oder wie ihre Regierung organisiert und 
verwaltet werden solle."   (S. 17)
Um diesen Einwand zu begegnen, hatte bereits Locke gemeint, 
dass die Zustimmung 
zum ursprünglichen Gesellschaftsvertrag fortlaufend dadurch unausgesprochen 
erneuert werde, dass jemand in einem Land und unter dem Schutz seiner Gesetze 
lebe, was als stillschweigende Zustimmung interpretiert werden könne.
Dagegen wendet jedoch bereits William Godwin in seinem 1793 erschienenen Buch "Enquiry Concerning Political Justice"   ein: "Nach dieser Annahme ist jede 
Regierung rechtmäßig, die ruhige Unterordnung findet -  
ob das die Usurpation Cromwells oder die Diktatur Caligulas ist. ... Sich zu fügen bedeutet 
(jedoch) von Seiten des Individuums meist nicht mehr als die Wahl des kleineren 
Übels."   (S. 100) 
Die 
Vorstellung, dass der Übergang vom "Naturzustand" in den "staatsbürgerlichen 
Zustand" tatsächlich in Form eines Urvertrages zustande gekommen sei, wurde 
deshalb von späteren Vertragstheoretikern fallen gelassen.
Stattdessen wurde die Idee 
des Gesellschaftsvertrages als eine Art gedanklicher Test betrachtet: die 
Rechtmäßigkeit einer politischen Ordnung wird anhand der Frage überprüft: 
Ist es 
denkbar, dass diese politische Ordnung aus einem Vertrag freier, gleichberechtigter 
und rationaler Individuen hervorgegangen ist? 
Im Sinne eines 
solchen hypothetischen Kriteriums wurde die Theorie des Gesellschaftsvertrag auch von 
Immanuel Kant verstanden.
Auch eine hypothetische Vertragstheorie 
ist jedoch nicht ohne Probleme. Selbst wenn eine bestimmte politische Ordnung als 
Resultat eines Vertrages freier, gleichberechtigter und rationaler Individuen 
denkbar ist, so ist diese Ordnung damit nicht notwendig gerechtfertigt. 
Denn welchen Inhalt eine vertragliche Übereinkunft hat, hängt von der 
jeweiligen "Verhandlungsmacht"   der vertragsschließenden Parteien ab.
 
Wenn zum Beispiel der angenommene Naturzustand für ein bestimmtes Individuum auf 
Grund seiner körperlichen Schwäche und Bedürftigkeit besonders unerträglich ist, 
so wird es in Bezug auf den Gesellschaftsvertrag eher bereit sein, Konzessionen 
an die anderen Vertragspartner zu machen. Dies würde das schwächere Individuum völlig "freiwillig"   und in völliger Klarheit über seine 
eigenen Interessen, also rational tun. 
Sobald man ungleiche Fähigkeiten und 
Bedürftigkeiten der Individuen annimmt - was man wohl fast immer tun muss - ist der Naturzustand für die Individuen in unterschiedlichem Maße 
erträglich, und dadurch bekommen die Parteien beim Aushandeln des 
Gesellschaftsvertrages eine ungleiche Verhandlungsmacht.
Kritik richtete sich auch gegen die 
Idee von natürlichen Rechten, die jedem Mensch zukommen. Die Vorstellung, dass Gott die Menschen mit gewissen 
"unveräußerlichen Rechten" 
ausgestattet habe, wie es in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 
heißt, verlor im Zuge der Säkularisierung an Bedeutung und nicht-religiöse Begründungen 
waren nicht in Sicht. 
Dass z. B. jedem Menschen ein unveräußerliches ursprüngliches Recht auf 
Eigentum oder Selbstregierung zukomme, wurde von den einen behauptet und von 
den andern bestritten, ohne dass eine argumentativ nachvollziehbare Begründung 
dafür gegeben werden konnte.
Aufgrund dieser Probleme wurde die Theorie des Gesellschaftsvertrages im 19. 
Jahrhundert zunehmend verdrängt, im englischen Sprachraum vor allem vom 
Utilitarismus. Dieser wollte eine politische Ordnung allein daran 
messen, ob diese Ordnung zu einer maximalen Bedürfnisbefriedigung der 
Individuen führt oder nicht. 
Allerdings führte der Utilitarismus und sein "Prinzip des größten Glücks"   ("maximum 
happiness principle") seinerseits zu Begründungsproblemen, weshalb im englischen 
Sprachraum seit einigen Jahrzehnten eine Wiederbelebung naturrechtlicher und vertragstheoretischer 
Ansätze (John Rawls u. a.) erfolgte.
Konservative Kritik an der Vertragstheorie des Staates
Natürlich haben auch konservative Monarchisten die Vertragstheorie angegriffen, meist mit 
theologischen Begründungen. Als Beispiel sei 
hier einer der führenden konservativen Staatstheoretiker im Deutschland des 19. 
Jahrhunderts, Friedrich Stahl, zitiert, der in seiner "Staatslehre"   schreibt: "Niemals ist der Staat das Werk der Wahl und Absicht, nie entsteht er durch 
Übereinkunft der Menschen, dass sie, vorher außer dem Staate, nunmehr 
zusammenkommen, um ihn zu errichten. Sie finden sich in ihm, bevor sie darüber 
nachdenken. ... (Der Staat) ist ein noch höherer Faktor als menschlicher Wille: 
die geschichtliche Fügung, welche die unzähligen Taten der unzähligen 
Menschenwillen zu einem Erfolge bringen, dass der Staat und dass er in einer 
bestimmten Weise entsteht. ... So entsteht der Staat tatsächlich, so bindet er 
auch rechtlich. Sein Ansehen beruht auf seiner bloßen Existenz als solcher. Es 
ist ein ihm selbst innewohnendes ursprüngliches Ansehen, und die Untertanen 
haben deshalb die Pflicht des Gehorsams unmittelbar, nicht erst infolge ihrer 
Einwilligung eines unterzulegenden Vereinigungs- und Unterwerfungsvertrages. 
Dieser Gehorsam ist kein freiwilliger, von Zustimmung abhängiger, sondern ein 
notwendiger, ähnlich wie die Verpflichtung gegen die Eltern. Ja, er ist die 
ursprünglichste Rechtspflicht, nicht minder ursprünglich als die Rechtspflicht, 
Verträge zu halten; denn der Staat ist selbst die Realisierung der 
Rechtsordnung."   (S. 46 ff.)  
Und Stahl fügt hinzu: "Wenn der Staat zunächst als ein sittliches Reich der 
menschlichen Gemeinschaft sich darstellt, so ist er doch, tiefer betrachtet, 
zugleich eine göttliche Institution. Es ruht vor allem das Ansehen des Staates 
auf der Verordnung Gottes. Das ist der letzte Grund des ihm selbst innewohnenden 
ursprünglichen Ansehens. Seine ganze legitime Ordnung - Gesetz, Verfassung, 
Obrigkeit - hat daraus ihre bindende Macht. Insbesondere hat die Obrigkeit 
Ansehen und Gewalt von Gott. Sie ist von Gottes Gnaden. 'Wo aber Obrigkeit ist, 
die ist von Gott verordnet' (Paulus im Römerbrief 13)"    (S. 47 f.)
In ihren theologischen Elementen ist diese Kritik im wahrsten Sinne 
indiskutabel, insofern sie sich auf die Autorität von Bibelzitaten stützt. 
Ansonsten ist dies ein Beispiel für die Staatsverherrlichung der damals in 
Deutschland politisch Herrschenden. Die Idee eines demokratischen Gemeinwesens 
konnte auf dem Boden solcher Theorien nicht entstehen.  
***
Literatur:  
Thomas 
Hobbes, Leviathan, Harmondsworth 1968
John Locke, Two Treatises of Government. Ed. by P. Laslett, Mentor Book 1965 
John Locke, Essays, Band 1
Jean Jacques Rousseau, Der Gesellschaftsvertrag, Stuttgart: Reclam 1968
Bergsträsser, A. / Oberndörfer, D. (Hg.): Klassiker 
des Staatsrechts, Stuttgart: Koehler 1962
Thomas Paine, The Rights of Man, London: Dent Everyman's Library 1969 
William Godwin, Enquiry Concerning Political Justice, 1793
Friedrich Stahl, Staatslehre.
Fremdsprachige Zitate wurden vom Verfasser übersetzt.
Siehe auch 
die folgenden thematisch verwandten Texte in der Ethik-Werkstatt:
    
Die Demokratie bei 
Rousseau ** (15 K)
   
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Ideengeschichte * (28 K)
***
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Letzte Bearbeitung: 05.05.2009 / Eberhard Wesche
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