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Diskussionsregeln

 

Inhalt:

Diskussionsregeln            Zur englischen Version -->: Rules for Discussion

    Rhetorische Tipps und Tricks für Internetdiskussionen

        Rhetorik oder Argumentation?

           
Einige Ratschläge für Internetdiskussionen


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Diskussionsregeln

50 (eigentlich selbstverständliche) Ratschläge für erkenntnisorientierte Internet-Diskussionen


01. Kläre und präzisiere – soweit möglich - die Frage, die beantwortet werden soll, bevor Du eine Diskussionsrunde eröffnest.

02. Erkläre, warum Dir die Beantwortung der Frage wichtig ist und zur Lösung welcher Probleme die Diskussion beitragen soll.

03. Behalte immer die Beantwortung der Ausgangsfrage im Auge und verliere Dich nicht in Nebenfragen.

04. Verzichte auf die Erörterung von Punkten, die nicht zur Sache gehören, auch wenn sie interessant sein mögen.

05. Konzentriere Dich auf die zentralen Punkte. Du musst nicht alles richtigstellen, was irgendjemand an Falschem eingebracht hat.

06. Unterscheide deutlich zwischen Beiträgen zur Sache und sonstigen Beiträgen (wie Zusammenfassungen des bisherigen Diskussionsverlaufs, Vorschlägen zum weiteren Vorgehen, Bemerkungen zum Verhalten von Diskussionsteilnehmern etc.)

07. Frage Dich bei jedem Beitrag selbstkritisch, ob Deine Argumente so formuliert sind, dass der Andere sie auch verstehen und nachvollziehen kann.

08. Wenn Du eine These mit sehr abstrakten Begriffen einbringst, veranschauliche das Gemeinte möglichst durch ein einfaches Beispiel.

09. Führe – falls nötig - Schlussfolgerungen in ihren einzelnen logischen Schritten aus, indem Du angibst, welche Sätze logisch aus welchen anderen Sätzen folgen.

10. Vermeide eine stark wertende und zugleich informationsarme Bildersprache. Die abfällige Beschreibung einer Position ist noch keine begründete Kritik daran.

11. Kläre und präzisiere - soweit im aktuellen Zusammenhang nötig - die für die Fragestellung zentralen Begriffe.

12. Vermeide den unfruchtbaren Streit um Wörter und deren Bedeutung.

13. Erläutere und definiere - falls gefordert - Begriffe, die Du eingebracht hast.

14. Erläutere in jedem Fall die Bedeutung jener Wörter, die Du nicht im üblichen Sinne verwendest.

15. Verlange nur dann die Erläuterung oder Definition eines Begriffes, wenn die Gefahr von Missverständnissen oder Fehlschlüssen besteht.

16. Kennzeichne nicht weiter begründete Prämissen - falls nötig - als Setzungen, die bei Bedarf begründet werden können.

17. Behaupte nichts, ohne es - falls gefordert - begründen zu können.

18. Argumentiere nicht mit Prämissen, die Du nicht in Frage stellen lässt.

19. Verlange vom Andern nur dann eine Begründung für eine Behauptung, wenn Du an dieser Behauptung einen begründeten Zweifel hast.

20. Berufe Dich nicht auf Beweise, die Du nicht selber wiedergeben kannst. Der pauschale Verweis auf bestimmte Bücher oder Veröffentlichungen im Internet ist noch kein nachvollziehbares Argument.

21. Berufe Dich nicht auf Autoritäten, wenn Du deren Position nicht selber wiedergeben kannst.

22. Dass andere Deiner Meinung sind, mag Dir gefallen. Dies ist jedoch noch kein inhaltliches Argument zugunsten Deiner Meinung. Zitate sind keine Beweise.

23. Vermeide kurzatmige Argumente nach Art eines Schlagabtausches. Das Wenigste lässt sich in ein bis zwei Sätzen belegen oder widerlegen. Argumentiere immer in vollständigen Sätzen.

24. Vermeide lange Beiträge zu verschiedenen Punkten, weil dann letztlich kein Punkt gründlich erörtert werden kann.

25. Wenn Dein Beitrag mehrere Punkte enthält, bemühe Dich besonders um eine übersichtliche Gliederung.

26. Behandle jeden Punkt in einem eigenen Abschnitt und mach bei Beginn eines neuen Gedankens einen Absatz.

27. Wiederhole ein Argument nur dann, wenn jemand das Argument nicht verstanden oder übersehen hat.

28. Gib Deine Quelle an, wenn Du Tatsachen behauptest.

29. Mach bei Deinen Argumenten deutlich, welche These damit gestützt bzw. angegriffen werden soll. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn Du etwas weiter ausholen willst.

30. Bevor Du irgendjemanden kritisierst, vergewissere Dich, ob Du ihn auch richtig verstanden hast. Formuliere im Zweifelsfall seine Position zur Probe mit Deinen eigenen Worten.

31. Falls Du nicht sicher bist, ob Du jemanden richtig verstanden hast, beginne Deine Kritik mit den Worten: "Wenn ich Dich richtig verstanden habe, so behauptest Du, dass ...".

32. Verzichte auf billige Erfolge, indem Du Positionen niedermachst, die so niemand vertreten hat.

33. Beschränke Dich auf die Kritik an der Richtigkeit von Behauptungen und verzichte auf anderweitige Kritik wie: "... ist nicht neu", "... ist nicht wichtig",  "... ist nicht interessant", "... ist gefährlich", "... ist banal", "... langweilt mich", "... ist überhaupt keine Philosophie" oder ähnliches. Ausnahme: "Was Du sagst, hat mit der hier diskutierten Frage nichts zu tun".

34. Kritisiere Positionen und nicht Personen. Aus den Eigenschaften von Diskussionsteilnehmern kann logisch niemals die Wahrheit oder Falschheit der strittigen Behauptungen folgen. Mangelnde Schärfe der eigenen Argumente kann nicht durch Schärfe der persönlichen Angriffe ersetzt werden.

35. Prüfe Argumente unabhängig davon, wer sie eingebracht hat und mit welcher Absicht er dies getan haben mag.

36. Bedenke immer: Es geht um die besseren Argumente und nicht um den besseren Menschen.

37. Schreib statt: "Deine Behauptung, dass ..., ist unhaltbar" lieber: "Die Behauptung, dass …, ist unhaltbar".

38. Sei Dir bewusst, dass aufgrund beschränkter Erkenntnismöglichkeiten am Ende einer Diskussion häufig mehrere Antworten rational vertretbar bleiben.

39. Zügele Deine Eitelkeit und versuche nicht, Deine Meinung um jeden Preis durchzusetzen. Durch ein Verhalten nach Art von Platzhirschen wird die richtige Beantwortung von Fragen nicht gerade gefördert.

40. Zeige Deine Bereitschaft, richtige Gegenargumente als solche anzuerkennen und eigene Irrtümer zu korrigieren.

41. Respektiere die Fragestellung und das Erkenntnisinteresse desjenigen, der die Diskussionsrunde ins Leben gerufen hat. Es hindert Dich niemand, die für Dich wichtigen Diskussionen in einer eigenen Runde zu führen.

42. Informiere Dich über den bisherigen Diskussionsverlauf, bevor Du in eine laufende Diskussion einsteigst. So kannst Du den Andern lästige Wiederholungen ersparen.

43. Belaste die Diskussion nicht mit Beiträgen zu eher privaten Punkten, die nur einige Teilnehmer angehen.

44. Nutze die Anonymität des Internet nicht zu Verhaltensweisen, die Du vor Dir selber eigentlich nicht rechtfertigen kannst.

45. Behandle die Anderen so, wie Du von ihnen behandelt werden möchtest.

46. Leiste Deinen Beitrag zu gegenseitiger Freundlichkeit und Höflichkeit auch und gerade deshalb, weil es sich um ein Streitgespräch handelt. Höflichkeit muss kein Hindernis für scharfe Gegenargumente sein.

47. Erkläre die Diskussion von Deiner Seite aus für beendet, wenn Du feststellst, dass es dem Andern gar nicht um die richtige Beantwortung der gestellten Frage geht und/oder dass er sich nicht um Argumente bemüht, die auch von Dir verstanden und nachvollzogen werden können. Belege das von Dir missbilligte Verhalten in jedem Fall durch konkrete Beispiele.

48. Erkläre die Diskussion für beendet, wenn Dir die erforderliche Einsichtsfähigkeit abgesprochen wird.
    Hierzu gehören Äußerungen wie:
 - "Dir fehlt offenbar die nötige Intelligenz, um zu verstehen, was ich sage."
 - "Aufgrund Deiner Herkunft und Erziehung kannst Du ja nichts anderes glauben als das, was Dir eingetrichtert wurde."
 - "Du kannst meine Argumente nicht akzeptieren, weil das gegen Deine Interessen gehen würde."
 - "Du kannst gar nicht mitreden, weil Du selber eine solche Erfahrung noch nie gemacht hast."

49. Erkläre die Diskussion für beendet, wenn mit - manchmal auch versteckten - Drohungen oder Einschüchterungen gearbeitet wird. Verdeutliche dies jeweils anhand der betreffenden Äußerungen.

50. Beende eine Diskussion, wenn keine neuen Argumente mehr eingebracht werden. Halte das Ergebnis fest - auch wenn es mager ist.



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Vorsicht : Satire!!!

"Recht behalten ohne Recht zu haben"

 

Tipps und Tricks für Internet-Diskussionen

 

1.    Halte Dir immer die Möglichkeit offen, dem Andern fehlendes oder falsches Verständnis Deiner Position vorzuwerfen. Neben einer undefinierten Begrifflichkeit eignet sich hierfür auch sehr schön das Denken auf zwei Ebenen, zwischen denen man dann bei Bedarf wechselt. Große Möglichkeiten bietet das Hin- und Herspringen zwischen der Ebene des "normalen Denkens" und "höheren" Bewusstseinsebenen.

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2.    Biete selber so wenig Angriffsfläche wie möglich. Lass Dich nicht auf einzelne Behauptungen festlegen und auch nicht auf bestimmte Definitionen. Behalte Dir immer eine Uminterpretation Deiner Begriffe vor. Dann kann Dir auch so leicht kein logischer Widerspruch nachgewiesen werden.

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3.    Vermeide, dass eine Frage so weit geklärt wird, dass sie auf den Punkt gebracht werden kann. Schneide rechtzeitig eine Vielzahl anderer Fragen an, sodass eine gründliche Diskussion der einzelnen Punkte schon von daher unmöglich wird.

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4.    Benutze komplizierte Begriffe wie selbstverständlich mit unüblichen Bedeutungen. Blocke Nachfragen ab, indem Du diese als Zeichen mangelnder Intelligenz oder Kenntnisse wertest.

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5.    Lass Dich nicht auf die Terminologie des andern ein sondern verwende nur Deine eigenen, möglichst ungeklärten Begriffe. Damit bist Du immer Herr des Geschehens.

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6.    Scheue keine Wiederholungen. Je öfter etwas wiederholt wird, desto vertrauter und glaubwürdiger klingt es für den durchschnittlich intelligenten Adressaten.

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7.    Lass Dich nicht auf die einfache Beantwortung konkreter Fragen ein. Störe die Argumentationsstrategie des andern durch Gegenfragen oder weitschweifige Ausführungen, bei denen der Leser die eigentliche Ausgangsfrage schließlich vergisst.

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8.    Reagiere an Stelle von inhaltlicher Kritik mit:

                    Erstaunen  ("Das kann nicht Dein Ernst sein!"),
                    Langeweile ("Das ist ja nun wirklich nichts Neues, was Du da anbringst!"),
                    Spott        ("Das ist ja Kindergarten-Niveau!") oder
                    Hohn         ("Das ist also die hoch gelobte Theorie!").

***

9.    Sollte ein Anderer einmal wirklich treffende Argumente vorbringen, denen Du nichts entgegensetzen kannst, ignoriere den Beitrag. Oft geht er im allgemeinen Diskussionsgetümmel unter und erledigt sich so von selber. Notfalls erzeuge selber ein aufgeregtes Getümmel, eröffne einen Nebenkriegsschauplatz und nebele Dich ein.

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10.    Sorge dafür, dass andere bereit stehen und Dir bestimmte Dinge abnehmen, z. B. indem sie an Deiner Stelle auf Fragen an Dich antworten oder Dir beipflichten.

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11.    Nimm Einfluss auf die Meinungsbildung allein schon durch die überwältigende Menge und Länge Deiner Beiträge. Texte den Andern notfalls zu.

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12.    Bleibe nicht auf der Ebene des Austauschs von Argumenten sondern beziehe die Personen mit ein. Unterstelle den andern mangelnde intellektuelle Fähigkeiten und moralisch bedenkliche Motive.

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13.    Gehe auf die Argumente des andern nicht inhaltlich sein, sondern attackiere den andern von einer übergeordneten Sicht aus. Geeignet hierfür sind Szenarien wie:
 - Der begriffsstutzige Schüler ("Nun sieh mal. Das kann ja nicht so schwer zu begreifen sein!")
 - Der dogmatisch Befangene ("Ich verstehe, warum es Dir schwer fällt, diese Wahrheit zu akzeptieren.") oder
 - Der in Gewohnheiten Befangene ("Du bewegst Dich völlig in den eingefahrene Gleisen des üblichen Denkens.")

***

14.    Gehe auf den andern nicht direkt ein, sondern bewerte ihn pauschal, am wirkungsvollsten dadurch, dass Du ihn mit einem andern Diskussionsteilnehmer vergleichst und Du ihn dabei schwach aussehen lässt ("Der einzige, der hier relevante Beiträge geliefert hat, ist X").

***

15.    Gehe nicht auf die konkreten Fragen des Anderen ein, sondern lass dessen Fragen in einem bestimmten Licht erscheinen. Eine Möglichkeit hierfür ist die Nutzung von Typologien und deren gedankliche und emotionale Verknüpfung mit bestimmten Vorurteilen. Geeignete Typen sind:
 - Der Intellektuelle, der nicht mehr fühlen und erleben kann,
 - Der eingebildete Akademiker, der sich als etwas besseres vorkommt und das Wissen der einfachen Leute ignoriert,
 - Der Wissenschaftler, der vollgestopft ist mit Bücherwissen, der aber das Leben nicht kennt und die Jahrtausende alten Wahrheiten wegen seiner professionellen Scheuklappen nicht aufnehmen kann.

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16.    Nutze die vorhandenen Vorurteile und Ressentiments gegen bestimmte gesellschaftliche Gruppen, indem Du an sie anschließt.

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17.    Zeige niemals, wie stark Dich ein kritisches Argument getroffen hat. Verbreite gerade dann gute Laune.

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18.    Zermürbe den andern, indem Du ihn an empfindlicher Stelle triffst. Wenn z. B. ein Teilnehmer bekanntermaßen großen Wert auf Klarheit der Sprache legt, so schreibe ihm: "Deine Formulierungen sind mir zu schwammig und zu unpräzis." Das muss dann nicht durch Beispiele belegt werden.

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19.    Dränge den Gegner durch die bloße Menge und Länge Deiner Beiträge an den Rand. Nutze die Chance, dass jeder Deine Beiträge lesen muss, wenn er informiert mitdiskutieren will. Gerade wenn die Diskussion an einem bestimmten Punkt für Dich kritisch wird.

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20.    Entwaffne den Andern, indem Du dessen Argumente en bloc als irrelevant abtust. Eine Möglichkeit ist die pauschale Ablehnung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse. Damit ist der durchschnittliche Diskussionsteilnehmer bereits zu 90% seiner Argumente beraubt. Eine andere Möglichkeit ist die Einführung neuartiger Kriterien. Als Kriterium geeignet ist z. B. das direkte Erleben, das allein Gewissheit besitzt. Damit können dann alle Theorien oder Hypothesen als sekundäre Vermutungen zurückgewiesen werden und der andere ist auf einen Schlag 99,99% seiner Argumente los.

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21.    Nutze die allgegenwärtigen Ungenauigkeiten und Verkürzungen der Sprache, um den andern gezielt misszuverstehen. Dann zerpflücke genüsslich Dein eigenes Geschöpf, das Du ihm untergeschoben hast.

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(Ich hoffe, jeder hat gemerkt, wie diese "Tipps" gemeint sind. Sie entstammen eigener leidvoller Erfahrung.)

Arthur Schopenhauer (deutscher Philosoph, 1788-1860) hat 38 Kunstgriffe des Rechtbehaltens in Streitgesprächen zusammengestellt - hat diese allerdings nie veröffentlicht. Man findet sie in Wikipedia, Artikel "Kunstgriffe (Schopenhauer)"

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Rhetorik oder Argumentation? 


Gemeinsam ist der Rhetorik und der Argumentation, dass sie auf die bestehenden Meinungen (auf das, was für richtig gehalten wird) einwirken wollen. Beide Tätigkeiten orientieren sich an speziellen Regeln. Wo liegen die Unterschiede?


Rhetorik           hat zum Ziel, Recht zu behalten und auf jeden Fall den Anschein zu erwecken, dass man Recht hat. 

Argumentation hat zum Ziel, Recht zu haben. Dies kann u. U. auch das Eingeständnis erfordern, dass die bisherige  eigene Position falsch war und korrigiert werden muss. 


Rhetorik           ist auf eine bestimmte Position festgelegt. 

Argumentation ist auf keine bestimmte Position festgelegt sondern beinhaltet die Bereitschaft, dazu zu lernen.


Rhetorik           hat zum Ziel, bestimmte Adressaten zu einer bestimmten Meinung zu bringen. 

Argumentation hat zum Ziel, mit beliebigen Adressaten einen dauerhaften Konsens über die Gültigkeit einer bestimmten Behauptung herzustellen.


Rhetorik           orientiert sich an den jeweiligen Adressaten und deren besonderen Interessen und Vorurteilen. 

Argumentation orientiert sich an jedem verständigen Subjekt, das in der Lage ist, die betreffenden Argumente zu verstehen. 


Rhetorik           schließt an die bestehenden Meinungen der jeweiligen Adressaten an, gleichgültig, ob diese richtig sind oder nicht. 

Argumentation schließt nicht an Meinungen an, die falsch sind, weil dadurch kein stabiler Konsens erreicht werden kann.


Rhetorik           arbeitet mit Wiederholungen, wenn dadurch Wirkung erzielt werden kann. 

Argumentation verzichtet auf Wiederholungen, es sei denn, etwas wurde nicht richtig verstanden. Argumente werden durch Wiederholung nicht besser. 


Rhetorik           arbeitet mit der Herkunft der strittigen Behauptungen. 

Argumentation prüft die Gültigkeit der strittigen Behauptungen unabhängig von ihrer Herkunft, denn ein Argument bleibt dasselbe, von wem es auch immer eingebracht wird. 


Rhetorik           arbeitet bei unterschiedlichen Adressaten auch mit sich widersprechenden Argumenten, wenn es Erfolg verspricht. 

Argumentation vermeidet sich widersprechende Argumente, weil "Ja und Nein" keine Antwort auf eine Frage ist.


Rhetorik           bedient sich der Gefühle, um Zustimmung oder Ablehnung zu Positionen zu erzeugen. 

Argumentation verzichtet auf die gezielte Erregung von Gefühlen, weil Gefühle sich ändern können und deshalb keine dauerhafte Grundlage der Zustimmung oder Ablehnung bilden können. 


Rhetorik           bedient sich der Vergröberung, Vereinfachung und notfalls Verfälschung gegnerischer Positionen, um sie leichter kritisieren zu können. 

Argumentation bemüht sich um ein Verständnis der gegnerischen Position, denn es ist möglich, dass der Andere recht hat. 


Rhetorik           ignoriert Gegenargumente, wenn dies möglich ist. 

Argumentation geht auf Gegenargumente ein und versucht sie zu entkräften.


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Einige Ratschläge für Internet-Diskussionen

 

Klärung der Grundvoraussetzungen jeder Diskussion

Man fragt den andern: "Sind wir uns darüber einig, dass wir eine auf das Erkennen der Wahrheit ausgerichtete Diskussion führen wollen und dass wir uns gegenseitig von der Richtigkeit unserer Meinungen durch Austausch von Argumenten überzeugen wollen?"

Antwortet der Andere mit "Nein", so ist damit einer erkenntnisorientierten Diskussion die Grundlage entzogen. (Man könnte allerdings unter anderen Rubriken wie z. B. "Rhetorische Schaukämpfe" oder "Intellektueller Small-Talk" weitermachen.)

Antwortet der andere mit "Ja", so kann die Diskussion beginnen.

Wenn der Andere ein Argument in die Diskussion einbringt, das auf einer Prämisse aufbaut, die man nicht teilt, so fragt man nach der Begründung dieser Prämisse.

Wenn er diese nicht geben kann oder will, so ist sein betreffendes Argument für die Diskussion unbrauchbar, da es ohne Begründung nicht geeignet ist, andere zu überzeugen.

Sollte der Andere nur über Argumente verfügen, deren Prämissen er nicht in Frage stellen lassen will, so hat er sich als Teilnehmer der Diskussion disqualifiziert.

Wenn er jedoch einverstanden ist, dass auch seine Prämissen mit in die Diskussion einbezogen werden, so steht einer vernünftigen wechselseitigen Überzeugung grundsätzlich nichts im Wege.

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Der Vorteil in sich verständlicher Beiträge

Wegen der Unübersichtlichkeit der für jedermann zugänglichen Internet-Diskussionen  eine Empfehlung:

- Formuliert Eure Beiträge möglichst als in sich verständliche Einheiten.
- Deutet Gedankengänge nicht nur an, sondern formuliert die einzelnen Schritte aus.
- Beschränkt Euch bei Euren Beiträgen möglichst auf einen zentralen Punkt. Man muss nicht allem widersprechen, was man für falsch hält.

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Klärung der Fragestellung

Wenn es uns um Fortschritte in der Erkenntnis geht und Erkenntnis sich immer in Form von Fragen und Antworten, also sprachlich darstellt, ist die Reflektion der verwendeten Sprache und das Sprechen über die Sprache notwendig.

Unter anderem heißt das: Wenn wir durch Diskussion Erkenntnisfortschritte machen wollen, dann müssen wir uns über die gestellte Frage klar und einig sein. Man kann zu einem Thema wie z. B. "Begründung von Ethik" die verschiedensten Fragen stellen (" Wie kann man begründen?" "Warum soll man begründen?" "Kann man überhaupt begründen?"   usw.). Wenn man nicht aneinander vorbei reden will, muss immer jedem Diskussionsteilnehmer klar sein, um die Beantwortung welcher Frage es gerade geht.

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Verständlichkeit der Wörter

Normen sind sprachliche Gebilde. Deshalb setzt die Suche nach allgemein zustimmungsfähigen Normen voraus, dass eine Sprache existiert, die von allen verstanden werden kann. Auch Argumente zur Begründung und Kritik von Normen erfolgen im Medium der Sprache. Insofern ist die intersubjektive Verständlichkeit der benutzten Sprache  eine Voraussetzung für die Bestimmung allgemein zustimmungsfähiger Normen.

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Erlernbarkeit der Begriffe

Vorbedingung einer Einigung in Bezug auf normative Fragen ist eine allgemein verständliche Sprache und Terminologie. Die verwendete Sprache muss zwar nicht auf Anhieb für jeden anderen verständlich sein, aber sie muss im Prinzip für jeden anderen, der über die nötigen Denkfähigkeiten verfügt, erlernbar sein.

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Gründlichkeit

Beschränke dich in deiner Antwort bewusst auf einen Punkt, um eine realistische Chance zu haben, etwas gründlich zu klären und so theoretisch voranzukommen. Wenn immer mit 5 Bällen gleichzeitig jongliert wird, ist es schwer, zu einem Ergebnis zu kommen, auf dem man weiter aufbauen kann. Wortgefechte, bei denen nur ein allgemeiner rhetorischer Eindruck hängen bleibt, haben vielleicht Unterhaltungswert. Und gegen kurzatmige "Begründungen", die aus maximal eineinhalb Sätzen bestehen, wie man sie häufig finden kann, sollte man äußerst skeptisch sein. Also: Seien wir gründlich!

Übersetzbarkeit

Unterschiedliche Terminologien stellen grundsätzlich kein Problem für die Diskussion dar, solange sie ineinander übersetzbar bleiben. Allerdings verlangt die gleichzeitige Verwendung unterschiedlicher Terminologien einen erhöhten Aufwand an Konzentration und Gedächtnisleistung von den Diskussionsteilnehmern.

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Verständigung in der Philosophie

Die Verständlichkeit aller Formulierungen kann insbesondere bei philosophischen Erörterungen nicht als gegeben vorausgesetzt werden. In der Philosophie gibt nicht immer eine etablierte Terminologie, die allgemein Verwendung findet, weil die verschiedenen philosophischen Schulen jeweils ihre eigene Begrifflichkeit entwickelt haben. Deshalb muss man sich jederzeit vergewissern können, dass man die Formulierungen auch so versteht, wie sie gemeint sind. Unbekannte, mehrdeutige, unklare oder unpräzise Begriffe müssen gegebenenfalls näher bestimmt werden. Allerdings darf das Verlangen nach Definition der benutzen Begriffe nicht dazu dienen, den Diskussionspartner an der Ausführung seines Gedankengangs zu hindern.

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Ein konkretes Beispiel für mangelnde Verständlichkeit

Damit mein Appell zu verständlichem Sprechen und zur Klärung der Bedeutung benutzter Begriffe nicht ganz abstrakt bleibt, will ich dies an einem Beispiel veranschaulichen. So findet sich in einer Diskussion der Satz: "Philosophie ist Besinnung."  
 
Ein solcher Satz ist für mich – und wahrscheinlich nicht nur für mich - in seiner Bedeutung nicht verständlich, obwohl ich die übliche Bedeutung jedes der benutzten Wörter einigermaßen zu kennen meine.

Dass ein Satz von einem Diskussionsteilnehmer nicht verstanden wird, muss allerdings noch kein Fehler des Autors sein, denn vielleicht hat er an anderer Stelle die Begriffe ja erläutert oder definiert, so dass sein Sprachgebrauch zwar nicht auf Anhieb verständlich, aber auf jeden Fall erlernbar und damit nachvollziehbar ist.

Problematisch wird die Sache jedoch, wenn es für den Leser trotz seines Bemühens um Verständnis keinen nachvollziehbaren Weg gibt, einen Satz zu verstehen.
 
Versuchen wir eine Interpretation. Der Satz "Philosophie ist Besinnung" kann mehrere Bedeutungen haben, je nachdem, welche Bedeutung die Begriffe "Philosophie" und "Besinnung" jeweils haben.
 
Unter "Philosophie" kann man einmal die faktisch vorfindbare Philosophie verstehen, also das, was in philosophischen Büchern und Zeitschriften veröffentlicht wird und was an philosophischen Instituten von Professoren für Philosophie gelehrt wird. "Besinnung" wird im Wörterbuch erläutert als "ruhige Überlegung, Nachdenken". In diesen üblichen Bedeutungen macht der Satz offenbar wenig Sinn, denn das Nachdenken und Überlegen findet sich auch in anderen Wissenschaften.  
 
Also gilt es zu prüfen, ob der Autor seine spezifische Verwendung der Begriffe vielleicht anderswo erläutert hat. Und mit der elektronischen Suchfunktion findet sich tatsächlich ein anderer Satz des Autors, in dem die Begriffe "Philosophie" und "Besinnung" auftauchen. Dort heißt es: "Philosophieren ist lediglich in der geistigen Besinnung auf das dem praktischen Leben nicht Verfügbare, nicht Konstruierbare, stets unwandelbar Ewige möglich."
 
Hier wird deutlich, dass der Satz "Philosophie ist Besinnung" nichts real Vorhandenes beschreibt, sondern dass der Autor mit diesem Satz den Gebrauch der Worte "Philosophie" bzw. "Philosophieren" festlegt. Danach philosophiert man nur dann, wenn man sich "auf das .. stets unwandelbar Ewige" besinnt. Dies ist eine extreme Verengung der üblichen Bedeutung des Wortes "Philosophie". Wenn man sich derart weit vom üblichen Wortgebrauch entfernt, dann sollte man den Leser ausdrücklich darauf aufmerksam machen, oder man riskiert Unverständnis und Missverständnis. Und zum andern ist darzulegen, womit eine derartige Verengung des Begriffs "Philosophie" gerechtfertigt wird. Denn damit darf 99% dessen, was bisher als Philosophie bezeichnet wurde, nicht mehr als solche bezeichnet werden, so dass dafür eine neue Bezeichnung gefunden werden müsste.

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Kritik ertragen und daraus lernen

Auch wenn es schwer fällt: Man sollte nicht beleidigt sein, wenn Ansichten, die man vertritt, widerlegt werden. Stattdessen sollte man es begrüßen, wenn man über die eigenen Irrtümer aufgeklärt wird. Aus Kritik kann man nur lernen. Angriffe gegen die Person von Diskussionsteilnehmern blockieren diesen Lernprozess.

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Aneinander vorbeireden

Wer Kritik übt, muss genau sagen, welche Behauptung er kritisiert. Außerdem muss der Kritiker genau sagen, in welcher Hinsicht er die betreffende Behauptung kritisiert (z. B. als: "völlig falsch", "teilweise falsch", "unbegründet", "banal", "trivial", "nicht neu", "überflüssig", "irreführend", "missverständlich", "unwichtig", "irrelevant", "gefährlich", "schädlich", "verführerisch", "überholt",  ...).

 Möglicherweise erübrigt sich dann bereits alles weitere, weil das, was kritisiert wird, von niemandem so behauptet wird. Es lenkt nur vom Diskussionsziel ab, wenn jemand als Diskussionsgegner selber "Pappkameraden"   aufbaut, um besser darauf einschlagen zu können.

Damit sich Missverständnisse gar nicht erst ausbreiten können, sollte in Zweifelsfällen der Kritiker die von ihm kritisierte Behauptung zuerst noch einmal wiederholen und fragen, ob er die Position des andern damit richtig wiedergeben hat.

***

Absehen von der Person

Ob eine Behauptung richtig ist oder nicht ist unabhängig davon, wer diese Behauptung aufstellt. (Ausgenommen sind dabei natürlich Behauptungen, die relative Begriffe enthalten wie "hier", "heute", "ich", usw., deren Bedeutung sich je nach dem Zusammenhang, in dem sie geäußert werden, ändert). Wenn dieselbe Behauptung von verschiedenen Personen geäußert wird, verändert sich deshalb nicht ihre Bedeutung. Und allein um diese Bedeutung geht es bei der Frage, ob die Behauptung richtig ist.

Diese personen-neutrale "Sachlichkeit" in einer Diskussion fällt schwer, weil auch wissenschaftliche Diskussionen Gruppenprozesse darstellen, die einer bestimmten psycho-sozialen Dynamik unterliegen. Auch in wissenschaftlichen Diskussionen mischt sich in die Suche nach Erkenntnis das allzumenschliche Streben nach Anerkennung, Macht, Einfluss, Berühmtheit etc.

Um dies klar zu machen, sollte man sich in der Diskussion bemühen, die Personen draußen vor zu lassen.

Statt zu sagen:
- "Die Position von A ist unhaltbar" oder
- "Die Ansichten von A sind irrig" oder
- "Ich muss A aufs schärfste widersprechen" oder
- "Die Darlegungen von A waren miserabel",

sollte man sagen:
- "Die Behauptung, dass ..., ist unhaltbar" oder
- "Die Annahme, dass ..., ist ein Irrtum" oder
- "Das Gegenteil der Behauptung, dass ... , ist richtig" oder
- "Fast alle vorgetragenen Behauptungen waren falsch".

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Sprache der Wissenschaft

Wenn man gesicherte Erkenntnis sucht, muss man sich um die intersubjektive Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit aller Argumente bemühen. Das heißt, dass jeder, der etwas zu sagen hat und ernst genommen werden will, sich die Mühe macht, so zu formulieren, dass ihn der andere richtig verstehen kann - oder zumindest so, dass er lernen kann, ihn richtig zu verstehen.  

Metaphern wie "Hokuspokus" oder "Windbeutelei" als Bezeichnung für die Position des andern transportieren so gut wie keine Information über den damit bezeichneten Gegenstand, aber sie transportieren dafür umso mehr (negative) Wertung. Die emotionsgesättigte Bildersprache ist die Sprache der Propaganda, sie ist nicht geeignet für die richtige Beantwortung schwieriger Fragen.

Im Unterschied zur unterhaltenden Literatur, wo die Wiederholung desselben Wortes meist als störend empfunden wird und man deshalb nach Synonymen sucht, empfiehlt es sich in der Wissenschaft, Synonyme möglichst zu vermeiden. Man sollte also für die gleiche Bedeutung auch immer das gleiche Wort verwenden. Dadurch werden Missverständnisse vermieden und die Menge der Fachbegriffe bleibt möglichst klein.

Dies gilt allerdings nicht für Darlegungen, die zum Problem überhaupt erst hinführen sollen. Dort ist oft der Einsatz aller verfügbaren sprachlichen Mittel geboten, um sich überhaupt erst einmal verständlich zu machen. Wenn der Hörer den einen Begriff nicht richtig versteht, so versteht er vielleicht eines der Synonyme.

In der wissenschaftlichen Argumentation lässt man am Besten alle Ausführungen, die für die Begründung der eigenen Position logisch nicht erforderlich sind, weg. Dadurch wird die Beweisführung klarer und eleganter.

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Diskussionsökonomie

Je länger Diskussionsbeiträge  sind, umso weniger Diskussionsteilnehmer kommen zu Wort. Sehr lange Beiträge fördern deshalb nicht unbedingt die Annäherung der Meinungen. Außerdem sind Zeit und Aufmerksamkeit der Zuhörer nur begrenzt verfügbar. Jeder Diskussionsteilnehmer sollte deshalb sparsam mit diesen Ressourcen umgehen

***


Eine Diskussion bringt dann den größten Erkenntnisfortschritt, wenn:

 - jeder Teilnehmer die intellektuellen Fähigkeiten zum Verstehen der vorgebrachten Argumente besitzt
 
 - jeder Teilnehmer das Ziel teilt, allein durch Argumente zu einem Konsens zu gelangen
 
 - kein Teilnehmer Druck auf einen anderen ausübt außer dem Druck des besseren Argumentes
 
 - kein Teilnehmer einen andern als lächerlich, unwissend oder unmoralisch hinstellt
 
 - jeder Teilnehmer bereit ist, seine bestehenden Überzeugungen durch neue Argumente in Frage stellen zu lassen und zu korrigieren, wenn er einsieht, dass seine Position nicht konsensfähig sein kann
 
 - jeder Teilnehmer auf Überredungsversuche verzichtet und z. B. keine Argumente vorträgt, die er selber nicht für richtig hält, von denen er aber annimmt, dass sie auf den andern im erwünschten Sinne wirken
 
 - jeder Teilnehmer auf Argumente verzichtet, die andere nicht nachvollziehen und nachprüfen können
 
 - jeder Teilnehmer bereit ist, die von ihm benutzten Begriffe zu erläutern und in eine allgemein verständliche Sprache zu übersetzen 
 
 - jeder Teilnehmer sich dessen bewusst ist, dass viele Fragen nicht definitiv beantwortet werden können, so dass unterschiedliche Meinungen rational vertretbar bleiben.
 
 - jedes Argument unabhängig davon geprüft wird, wer das Argument vorgebracht hat
 
 - kein Argument von vornherein ausgeschlossen wird, z. B. weil es als gefährlich oder schädlich angesehen wird
 
 - keine Zeitbeschränkung besteht, sondern die Fragen "ausdiskutiert" werden können
 
 - festgehalten wird, was die Einzelnen gesagt haben, so dass niemandem zu Unrecht eine bestimmte Äußerungen (oder deren Fehlen) unterstellt werden kann.


 zum Anfang

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An einen Kritiker dieser Diskussionsregeln:

Du schreibst: "Ziel einer Diskussion ist es weder, jemanden zu überzeugen, geschweige denn zu überreden. Deshalb ist auch die Behauptung, es ginge um richtige Antworten, dahingehend zu korrigieren, dass man sagt, es gehe darum, befriedigende Ausgänge zu finden."  
 
Ich verstehe Deine Ausführungen als einen Diskussionsbeitrag zu der Frage: "Was ist das Ziel einer Diskussion?" bzw. "Um was geht es in einer Diskussion?" Die Antwort: "Bei einer Diskussion geht es um die richtige Beantwortung von Fragen" erklärst Du für falsch ("ist zu korrigieren" ) und behauptest stattdessen: "Bei einer Diskussion geht es darum, befriedigende Ausgänge zu finden."
 
Wenn ich Dich damit richtig interpretiert habe, dann steht der Inhalt Deiner Ausführungen ("es geht bei Diskussionen nicht um Richtigkeit" ) im Widerspruch zu dem, was Du mit diesen Ausführungen zugleich tust. Denn Du bestreitest die Richtigkeit bestimmter Behauptungen und stellst Deinerseits Behauptungen mit dem Anspruch von Richtigkeit auf (" deshalb ist die Behauptung ….. dahingehend zu korrigieren, dass ... ).
 
Abgesehen von dieser Inkonsistenz halte ich einen Streit um Fragen wie "Was ist das Ziel einer Diskussion?" für unfruchtbar. Denn die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, was unter dem Wort "Diskussion" verstanden wird.

Die präzise Bedeutung von Worten ist aber nirgends allgemeinverbindlich festgelegt. So finde ich in meinem alten Sprachbrockhaus unter "Diskussion" die Bedeutungen "Aussprache, Meinungsaustausch, Erörterung". Das ist ein weites Feld ist. Ich denke, dass der von mir vorgeschlagene Sprachgebrauch für den Ausdruck: "erkenntnisorientierte Diskussionen" geeignet ist und dass ich mich damit nicht unangemessen weit von der umgangssprachlichen Bedeutung entferne. Aber ich hätte auch nichts dagegen, stattdessen das seltenere Wort "Disput" zu benutzen.
 
Du betonst die Wichtigkeit des "befriedigenden Ausgangs" einer Diskussion und nennst als eine Möglichkeit hierfür, dass man sich "im Einvernehmen trennt". Diese Möglichkeit ist nach meinem Verständnis auch bei einer am Ziel der richtigen Beantwortung von Fragen ausgerichteten Diskussion gegeben. Meinungsverschiedenheiten sind keine Vergehen.

Meine letzte Diskussionsregel fordert von den Diskussionsteilnehmern, dass sich jeder bewusst ist, dass es bei vielen Fragen berechtigte Meinungsunterschiede gibt, weil eine lückenlos schlüssige Argumentation nicht verfügbar ist. In einer solchen Situation bleiben mehrere konkurrierende Positionen vertretbar. Das (berechtigte) Fortbestehen von Meinungsverschiedenheiten ist vielleicht sogar der häufigste Ausgang von erkenntnisorientierten Diskussionen.
 
Für die "Kommunikationskultur" ist es meiner Ansicht nach wichtig, dass sich die Teilnehmer einer Diskussionsrunde möglichst darüber einig sind, welches "Sprachspiel" jeweils gespielt wird. Wenn z. B. alle Teilnehmer das oberste Ziel teilen, bestimmte Fragen richtig zu beantworten, so dürfte es eigentlich gar nicht zu persönlichen Angriffen unter den Teilnehmern kommen. Denn inwiefern könnte die Gehässigkeit von Teilnehmerin A, die Dickköpfigkeit von Teilnehmer B oder die Borniertheit von Teilnehmer C denn überhaupt irgendeine Relevanz für die Richtigkeit oder Falschheit einer philosophischen These besitzen?
 
Wenn es in Diskussionen um "richtig" oder "falsch" geht, so lassen sich von diesem Ziel her bestimmte Regeln für die Teilnehmer an Diskussionen ableiten, weil manche Verhaltensweisen die Klärung dessen, ob etwas "richtig" oder "falsch" ist, fördern, während andere Verhaltensweisen diese Klärung eher behindern.
 
Wenn die Kennzeichnung der gesuchten Antworten bzw. Behauptungen als "richtig" immer auch bedeutet: "nicht nur richtig für mich sondern richtig auch für jeden andern" (Prinzip der intersubjektiven Geltung), so folgt daraus u. a., dass die betreffenden Fragen und Antworten in einer gemeinsamen Sprache formuliert werden sollten, d. h. dass über die Bedeutung der benutzten Begriffe Einigkeit entweder besteht oder aber - falls sie fehlt - hergestellt werden kann. 
 
Dies ist gerade in der Philosophie eine schwer zu erfüllende Forderung, weil hier der Drang zu eigenen Wortschöpfungen oft weit über das Erfordernis einer hinreichend differenzierenden Begrifflichkeit hinausschießt. Trotzdem bleibt die Forderung nach Verwendung einer verständlichen oder zumindest erlernbaren Sprache berechtigt. Schärfer noch: Gerade deswegen ist diese Forderung hier so wichtig.

So manche Diskussion hätte einen fruchtbareren Verlauf genommen, wenn man sich die Zeit genommen hätte, zuerst einmal die Fragestellung zu präzisieren und zu klären, wie die zentralen Begriffe von den einzelnen Teilnehmern verstanden werden, anstatt einfach drauflos zu argumentieren.
 
Die These lautete: "Für Fortschritte in der Erkenntnis ist eine Diskussion dann ideal, wenn die vorgebrachten Argumente von allen im gleichen Sinne verstanden werden". Dies bleibt auch dann ein anzustrebendes Ziel, wenn es nicht immer vollständig realisiert werden kann.
 
Für die Qualität einer Diskussion ist es wichtig, dass sich die Teilnehmer immer im Klaren sind, ob sie gerade um die Bedeutung von Wörtern streiten (z. B. "Was ist eine 'Diskussion'?") oder bereits um die Sache selbst ("Wie soll man diskutieren?"). Beides sind verschiedene Arten von Fragen, die auch verschiedene Methoden zu ihrer Beantwortung erfordern.

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Emotional verankerte Überzeugungen

Es kann von jedem Diskussionsteilnehmer an einer ethischen Diskussion verlangt werde, dass er bereit ist, seine moralischen Überzeugungen in Frage stellen zu lassen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass Normen und deren Befolgung oft bereits in der Erziehung "verinnerlicht" und mit Schuldgefühlen ("Gewissensbissen") verbunden werden. Wenn jemand derartige Normen aufgibt, so kann das mit psychischen Konflikten verbunden sein.

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Begriffsklärung

Ich halte es für sinnvoll, dass sich die Teilnehmer an erkenntnisorientierten Diskussionen über die Bedeutung der zentralen Begriffe einig sind. Die Nachteile mehrdeutiger Begriffe und unklarer Fragestellungen zeigen sich an vielen Diskussionen. Gerade in der (deutschen) Philosophie wird nicht selten mit schillernden Begriffen eindrucksvoll aber ergebnislos aneinander vorbeigeredet. (Etwas ganz anderes gilt für die Sprache der Poesie, wo es nicht auf auf präzise Bedeutungen der Wörter sondern auf deren Klang und Assoziationsbezüge ankommt.)

Deshalb muss sich jeder, dem es um Erkenntnis geht, die Frage gefallen lassen: "Was meinst Du mit diesem Ausdruck?"

Die Gefahr eines infiniten Regresses in Form endloser Ketten von Definitionen erscheint mir dabei gering. Natürlich bringt eine Definition nur dann mehr Klarheit, wenn die zur Definition benutzen Wörter und Ausdrücke in ihrer Bedeutung klarer sind als das Wort, das definiert werden soll. So ist es z. B. wohl unstrittig, dass das Wort "Mehrheitsprinzip" in seiner Bedeutung klarer ist als das Wort "Demokratie".

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Geltungsstreben

Wenn wir mit der Beantwortung der offenen Fragen vorankommen wollen, dann ist jede begründete Kritik von Nutzen. Und trotz unserer kleinen Eitelkeiten und unseres allgegenwärtigen Geltungsstrebens sollte es bei der Diskussion einer Frage nicht vorrangig darum gehen, selber recht zu behalten.

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Philosophie, die nicht argumentieren will

Die Forderung nach Klarheit, Verständlichkeit und Lernbarkeit der benutzten Begriffe bezieht sich ausschließlich auf eine Philosophie, die wissenschaftlich sein will und zu allgemeingültigen Antworten gelangen will.

Es gibt auch Formen von Philosophie, die nicht argumentieren wollen, sondern die die Sprache zu anderen Zwecken benutzen: zum Mitteilen und zum Festhalten von außergewöhnlichen Gefühlen und Stimmungen, zur Erzeugung von Exklusivität gegenüber Nicht-Eingeweihten durch Sprachbarrieren, zum Verblüffen und Verwirren durch die Aneinanderreihung von Paradoxien, Gedankensprüngen und "Sprachsalat".
 
Diese Formen des "magisch beschwörenden Sprechens" und des "wilden Denkens" überzeugen nicht durch intersubjektiv nachvollziehbare Argumente. Sie haben ihre eigene Form der "Intersubjektivität": Sie wirken "ansteckend" auf jemanden, der daraus bestimmte Hoffnungen, Tröstungen, Gemeinschaftserlebnisse, Überlegenheitsgefühle oder anderes ziehen kann.

Ich will dieser nicht-wissenschaftlichen Art zu Philosophieren nicht die Existenzberechtigung absprechen. (Ich glaube Nietzsche hat geschrieben: "Du hättest singen sollen, meine Seele!" – Und ein Gedicht, das "einem aus der Seele spricht", kann einem möglicherweise mehr Einsicht vermitteln als ein dickes philosophisches Buch.) Aber man sollte "dichtende" und argumentierende Philosophie nicht unkontrolliert vermischen.

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4 Arten von Pseudo-Argumenten

Bloße Wertungen von Diskussionsbeiträgen können keine Argumente zur Sache sein und sollten deshalb möglichst unterbleiben. Zu solchen Nicht-Argumenten zähle ich Sätze wie:
    "Ist ja hanebüchen!"
    "Eine philosophische Erkenntnis kann man daraus nicht gewinnen."
    "Das kann doch nicht Dein Ernst sein!?"
    "Das ist eine ziemlich ausgelutschte Erkenntnis."
    "Na, wenn das nicht der schöne und jugendfrohe Anfang einer Schreckensideologie ist!"
    "Das kann doch wohl nur ein Witz-Kriterium sein!"
    "Das ist eigentlich schon seit den Griechen bekannt."
    "Was soll denn der Quatsch?"
    "Na und?"
    "Das ist eine lächerliche Diskussion."

Unbrauchbar sind auch Entgegnungen, bei denen unklar ist, gegen welche Aussage des andern sie sich richten. Der Satz: "Natürlich hat Drogenkonsum mit Weinbergschnecken nichts zu tun" mag richtig sein, aber gegen welche Behauptung soll er denn als Argument dienen?

Störend sind Bemerkungen, die die Person anderer Diskussionsteilnehmer herabsetzen, wie: "Den Verstand eines Zehnjährigen hab ich jetzt einfach mal vorausgesetzt."

Für die richtige Beantwortung von Fragen ungeeignet ist unbegründetes Fragen, denn 1 Narr kann mehr fragen als 100 Weise beantworten können.

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Zum Verhalten in öffentlichen Internet-Foren

Das Internet bietet die Möglichkeit, viele anzusprechen, viele mit Informationen, Argumenten, Denkweisen und Positionen bekannt zu machen, die ihr eigenes kritisches und konstruktives Denken fördern und klären.

Das Internet ist allerdings auch ein unübersehbarer Moloch an Informationen und Meinungen höchst unterschiedlicher Qualität, wo der Scharlatan unmittelbar neben dem ernsthaften Wissenschaftler hantiert.

Um in dem "Milliarden-Ding" Internet zu finden, was man sucht, braucht man Orientierungshilfen. Wer kennt das nicht: Man will Information aber man findet Werbung, man will Philosophie aber man findet eine religiöse Sekte, man will rationales Denken auf der Höhe der Zeit aber man findet gegenseitige Beschimpfungen und eine chaotische Folge von Beiträgen ohne roten Faden.

Es überstrapaziert die Zeit und Geduld vieler potentieller Leser, wenn nur jeder 5. Beitrag zum Thema geht, und es überstrapaziert die Nerven vieler potentieller Teilnehmer, wenn sie immer wieder Beschimpfungen und persönliche Angriffe über sich ergehen lassen müssen. Das ist die Kehrseite der Anonymität, wo niemand Konsequenzen seines Verhaltens befürchten muss.

In dieser Situation sind die Titel und die Namen der Initiatoren von Diskussionen hilfreich. Man weiß, diese Diskussionen gehören zusammen und man weiß: Bei diesem Namen kann ich mit dem-und-dem rechnen. Das ist nicht anders als bei Büchern, wo einem der Verlag, die Reihe und der Name des Autors bereits anzeigen, was man bei der Lektüre ungefähr zu erwarten hat.

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Konzentration der Diskussion

Die Klärung von Meinungsunterschieden wird erschwert, wenn man die Punkte nicht einzeln in Ruhe diskutiert, sondern in einem Beitrag 10 bis 20  Behauptungen aufstellt, die für andere Diskussionsteilnehmer problematisch sind. Über die einzelnen Punkte kann dann natürlich höchstens ein kurzer "Schlagabtausch" erfolgen, ohne wirklich die Spreu vom Weizen trennen zu können. 

Die Produktivität einer Diskussion wird verbessert, wenn man sich auf die für die jeweilige Fragestellung zentralen Thesen und Begriffe konzentriert.

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Erkenntnisorientierte Diskussionen

In einer erkenntnisorientierten Diskussion wird die Antwort auf eine Frage gesucht, wobei es nicht um irgendeine Antwort geht, sondern um die richtige. 

Dass eine bestimmte Antwort richtig ist, soll nicht nur behauptet sondern auch begründet werden.

Dazu sind Argumente nötig, die vom Diskussionspartner eingesehen und akzeptiert werden können.

Wer nur monologisch Behauptung an Behauptung reihen will, ohne sich zu fragen, inwieweit diese von anderen geteilt werden können, der sollte nicht an erkenntnisorientierten Diskussionen teilnehmen. Was hier zählt sind allein gute Argumente, die mögliche Antworten stützen oder erschüttern, und die nicht durch Gegenargumente entkräftet werden können. Was allein zählt sind Argumente zur Sache, denen man folgen kann – oder besser noch: folgen muss.

Wer allerdings der Meinung ist, es könne keine richtige Antwort auf die gestellte Frage geben, man könne nicht das Für und Wider in Bezug auf mögliche Antworten sinnvoll erörtern, der sollte den Beweis der Unmöglichkeit antreten oder - besser noch – der sollte sich Fragen zuwenden, die er für beantwortbar hält.

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Bevor man Widerlegung verlangen kann, muss man begründet haben

Wer sich auf die Forderung einlässt: "Widerlege, was ich hier geschrieben habe!", der hat schon den Schwarzen Peter übernommen, denn wie bereits gesagt: "Ein Narr kann mehr behaupten als hundert Weise widerlegen können."

Wenn jemand behauptet: "Es gibt siebenschwänzige Teufel, aus deren Maul Feuer kommt", so können alle Nobelpreisträger der letzten 10 Jahre zusammen dies nicht widerlegen.

Es ist ein leichtes, Theorien zu entwerfen, die nicht widerlegt werden können und gegen Kritik immun sind.

Deshalb liegt die Beweislast für eine Behauptung sinnvoller Weise bei demjenigen, der diese Behauptung aufstellt.

Wenn man nicht zuerst die Begründung einer behaupteten Theorie fordert, sondern zuerst deren Widerlegung verlangt, dann hat jemand, der unklare und undefinierte Begriffe verwendet, dadurch erhebliche Vorteile. Denn die Anwendung logischer Schlüsse auf unverständliche oder vage Begriffe ist nicht möglich, so dass keine inneren Widersprüche aufgedeckt werden können. Alle Einwände können mit dem Hinweis abgewehrt werden: "Du hast meine Position falsch (überhaupt nicht) verstanden."

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Aus dem kleinen Knigge für Internet-Diskussionen

Keinen Beitrag zur Beantwortung von Fragen stellen Bewertungen anderer Diskussionsteilnehmer dar, wie z. B.:
- die Aufforderung, der andere solle erstmal etwas nachdenken, oder
- die Aufforderung, erstmal einen Grundkurs in Philosophie machen oder
- die Feststellung, der andere wisse gar nicht, was Wissenschaft sei oder
- die Anrede des andern als "Du Schlaumeier" oder mit entstelltem Namen oder
- die Veralberung des andern durch mit "öhm" und "äh" durchsetzte Zitate seiner Äußerungen und  dergleichen mehr.

Herabsetzungen des andern können ebenso wenig wie Lobpreisungen irgendein Argument für oder gegen dessen Thesen sein.

Stark negativ wertende Bezeichnungen ohne präzisierbaren deskriptiven Gehalt wie z. B. "Blödsinn!!!!", "Schwachsinn!!!!", "Phrasendrescherei!" oder "herumeiern" sind keine begründeten Gegenargumente und schaden eher der rationalen Beantwortung unserer Fragen.

Um Scheingefechte zu vermeiden, sollte jeder darauf verzichten, Behauptungen eines Teilnehmers gezielt falsch zu verstehen. Bevor man eine Behauptung kritisiert, sollte man sich deshalb - falls erforderlich - noch einmal vergewissern, ob man die Behauptung des andern auch richtig verstanden hat.

Jeder Diskussionsteilnehmer hat das Recht, mit dem von ihm gewählten Namen angeredet zu werden. Entstellungen des Namens, um den so Benannten lächerlich oder beschränkt wirken zu lassen, sind billige Witzchen und nicht förderlich für eine  ernsthafte Diskussion. Normalerweise antworte ich deshalb nicht auf Beiträge, die meinen Namen entstellen.

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Geduld und Beharrlichkeit

Dass man mit seinen Beiträgen nicht immer auf die erhoffte Resonanz stößt, ist eine Erfahrung, die jeder Teilnehmer an Diskussionen einmal machen wird. Man sollte sich dann fragen, woran das gelegen hat, und sollte seinen Gedanken in besser verständlicher Form erneut einbringen. Dass relevante Argumente langfristig totgeschwiegen werden, halte ich für ziemlich ausgeschlossen, gerade weil das Korrektiv der Öffentlichkeit besteht, und jeder in einem solchen Fall eingreifen kann.

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Die großartigen Möglichkeiten des Internet

Das Internet bietet bisher ungeahnte Möglichkeiten des produktiven Gedankenaustauschs, da es zum einen nicht die Verzögerungen der Print-Medien kennt, und da es dennoch durch die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf früher Geschriebenes weitaus weniger Möglichkeiten für rein rhetorisches Eindruckschinden bietet als mündliche Diskussionen.

Andererseits sind durch die unbeschränkte anonyme Zugänglichkeit auch die vielfältigsten Möglichkeiten zur Störung der Diskussionen eröffnet. Eine Handvoll Personen kann durch unsinnige, überlange, massenhafte, beleidigende oder veralbernde Beiträge jede Diskussion in einem Müllberg von Texten versinken lassen. Hier kommt es auf die Wachsamkeit und die Zivilcourage aller Interessierten an, dagegen ihre Stimme zu erheben, um den Störern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Man sollte nicht auf jede beliebige Frage eingehen. Es gibt auch sinnlose Fragen, die man als solche entlarven muss. Die gezielte Formulierung sinnloser Fragen gehört zu den bedenklichsten Formen falschen Denkens. An ihnen demonstriert man die scheinbare Ohnmacht des menschlichen Verstandes, um damit den Weg frei zu machen für Irrationalismus und der Scharlatanerie.

Man sollte auch nicht jeden Winkelzug der Argumentation mitmachen sondern die Diskussionsteilnehmer sollten in ihren Beiträgen lieber auf ein oder zwei zentrale Punkte gründlicher eingehen, anstatt auf jeden einzelnen Satz mit jeweils maximal anderthalb Sätzen kurzatmig zu entgegnen. Man muss nicht alles richtigstellen.

Grundlage für alles ist natürlich eine klare Fragestellung für die Diskussion und das Festhalten daran, wenn dabei etwas Vernünftiges herauskommen soll.

Nicht nur Behauptungen müssen begründet werden, sondern ebenso der Zweifel an diesen Behauptungen. Wenn wir in der Diskussion nach der richtigen Antwort auf die gestellte Frage suchen, dann muss nicht nur derjenige intersubjektiv nachvollziehbare und einsichtige Gründe angeben, der eine bestimmte Antwortet behauptet, sondern auch derjenige, der die Verneinung dieser Antwort behauptet. Wer nur zweifelt aber selber nichts behauptet, der trägt zur Diskussion nichts Beachtenswertes bei.

Kontraproduktive Argumentationsstrategien wie der prinzipielle Zweifel sollten am konkreten Beispiel für jedermann einsichtig bloßgelegt werden.


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"Es geht bei Diskussionen allein um die besseren Argumente,
nicht um die besseren Menschen."


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Letzte Bearbeitung 15.07.2013 / Eberhard Wesche

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